
Grandioso!
Marcus Eisenhuth, Chief Operating Officer (rechts), und Daniel Eichert, Leiter Steuer- und Verbindungstechnik (links) bei BARTEC, im Gespräch zur bislang größten Akquise in der Firmengeschichte der BARTEC Gruppe.
Herr Eisenhuth, welche strategischen Überlegungen sind mit der Übernahme der TOP Group verbunden?
Eisenhuth: Wir sprechen hier über den größten Produktbereich innerhalb der BARTEC Gruppe, nämlich über explosionsgeschützte Steuerungs- und Verbindungstechnik. Mit der TOP Group, also den beiden Handelsunternehmen FEAM und NUOVA ASP sowie dem Produktionsbetrieb FENEX, verstärken wir uns konkret in den drei Ex-Schutz-Feldern Gehäusetechnik, Lichtlösungen und Kabelverschraubungen. Das beinhaltet auch strategisch wichtige Technologien, dank derer wir nun noch mehr als bisher komplette Systeme aus einer Hand anbieten können. Global gesehen bringt uns das einen neuen Wettbewerbsvorteil.
Welche Technologien sind das genau, Herr Eichert?
Eichert: Im Bereich Beleuchtung ist das vor allem die LED-Technologie, die dabei ist, sich in Form konkreter Lösungen im Markt zu etablieren. Dazu kommt eine langjährige Erfahrung im Aluminiumdruckguss, insbesondere zur Herstellung dickwandiger und formstabiler Gehäuse unterschiedlichster Größen. Und drittens wäre da noch der Anlagenbau. Hier besteht die Expertise der TOP Group darin, die einzelnen Komponenten zu komplexen, explosionsgeschützten Niederspannungsschaltanlagen zusammenzusetzen. Die Herausforderung hierbei besteht darin, Motoren, Pumpen, Beleuchtung und Anlagentechnik sicher zu steuern, das heißt, ohne dass ein Funke austreten kann. Und das bei Werten von bis zu 690 Volt und 1.250 Ampere.
Welche Branchen spricht die TOP Group mit ihren Lösungen vorrangig an?
Eisenhuth: Wie bei BARTEC reicht das Spektrum von Öl und Gas über die Prozessindustrie bis hin zur Automobil- und Verfahrenstechnik.
Mit Ausnahme der großen Schaltanlagen sind einzelne Produkte auch für kleinere Betriebe interessant, beispielsweise für Schreinereien, die sich damit gegen Brände und gefährliche Staubexplosionen schützen.
Welche der hinzugewonnenen Produkte finden Sie jeweils besonders spannend?
Eichert: Spontan fällt mir da ein patentiertes EJC-Gehäuse für die Gasgruppe IIC ein, das anstelle des marktüblichen runden Deckels mit Gewindespalt einen eckigen mit verlängertem Flachspalt aufweist. Dieses unscheinbare Detail führt zu einem handfesten Wettbewerbsvorteil, da es die Bestückung der rechteckigen Gehäuse ohne die typischen „toten“ Ecken drastisch vereinfacht und den Einbau von Betätigern im flachen Deckel erlaubt. Darüber hinaus lassen sich rechteckige Deckel leichter handhaben und warten. Nicht weniger interessant sind für uns die dickwandigen Aluminium-Gehäuse der TOP Group, mit denen wir nun gezielt den arabischen und amerikanischen Markt adressieren können.
Eisenhuth: Einen großen Gewinn stellt aber auch die Lichttechnik dar. Sie wird zwar häufig getrennt von den Schaltprojekten behandelt, ist aber dennoch nötig, um solche Anlagen zu betreiben. Einmal installiert, ist die Beleuchtung meist 24 Stunden am Tag aktiv, was die neuen, sparsamen LED-Lösungen künftig noch stärker in den Vordergrund rückt. Gemeinsam mit der TOP Group können wir nun die gesamte Lichttechnik als Teil eines Komplettpaketes aus einer Hand anbieten. Dabei hat speziell FEAM in den letzten Jahren große Beleuchtungsprojekte in Saudi-Arabien gewonnen. Das öffnet der gesamten BARTEC Gruppe die Tür zu einem Markt, der sich bislang stark an der amerikanischen Ex-Norm orientiert hat.
Wie sollen die drei neuen Firmen in die BARTEC Gruppe integriert werden?
Eisenhuth: Wie bei vergangenen Übernahmen achten wir auch bei der TOP Group darauf, dass die jeweiligen Marken erhalten bleiben. Neu ist dagegen, dass der Integrationsprozess erstmals von einem Integrationsmanager begleitet wird. Herr Eichert sorgt in dieser Rolle für eine möglichst offene Kommunikation und hohe Transparenz der jeweiligen Abläufe und Aufgaben. Schließlich handelt es sich bei der TOP Group um drei Familienunternehmen, die eine eigene Unternehmenskultur mitbringen, und deren Mitarbeiter sich durch eine starke emotionale Bindung und große Erfolge im Geschäft auszeichnen.
Wie sieht das konkret aus, Herr Eisenhuth?
Eisenhuth: Um die Mitarbeiter so frühzeitig wie möglich einzubinden, haben wir unter anderem an jedem Standort einen Welcome-Day veranstaltet. Dort haben wir die BARTEC Gruppe vorgestellt und eine italienische Übersetzung der Unternehmensbroschüre verteilt. Mit regelmäßigen Telefonkonferenzen und Newslettern halten wir die Informationen weiterhin auf dem aktuellen Stand.
Wie werden die jeweiligen Kunden vom Zusammenwachsen profitieren?
Eichert: In erster Linie durch den erweiterten Warenkorb, aber auch durch die noch höhere Lieferperformance aufgrund der eigenen Wertschöpfung in den genannten Bereichen. Weitere Vorteile ergeben sich durch vertriebsseitige Synergien, die sich aus unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten ergeben. Hierdurch werden wir international noch besser ansprechbar.
Herr Eisenhuth, was bedeutet das letztendlich für die Marktposition von BARTEC?
Eisenhuth: Gemeinsam mit den drei Firmen der TOP Group sind wir nun in der Lage, im Explosionsschutz das volle Portfolio anzubieten und international noch stärker als Systemanbieter zu agieren – egal, ob es um Schaltanlagen inklusive Licht und Verschraubungen geht oder um Industrieautomation, die wir sowohl im traditionellen Sinne als auch im Bereich des Mobile Computing abdecken. Unsere globalen Geschäftspartner suchen zunehmend eine möglichst umfassende Expertise mit Outsourcing-Potenzial. Auch in dieser Hinsicht ist die BARTEC Gruppe nun optimal aufgestellt.
Bad MergentheimJuli 2015